Klimawandel und Artensterben, Ressourcenplünderung und globale Vermüllung, Optimierung der Spezies Mensch zur Überwindung von Alter, Leid und Tod… „Geht es noch würdeloser?“, fragt Gerald Hüther in seinem neuesten Buch.
Aus der Perspektive des Neurobiologen zeigt er, wie die Idee der Würde als innerer Kompass für den Einzelnen und für das Zusammenleben in Gesellschaften helfen kann, das Überleben im digital-globalen Konsumzeitalter für Mensch und Natur zu sichern. In einer auch für den Laien gut verständlichen Sprache legt er dar, wie das Bewusstsein für Würde-Vorstellungen im Gehirn entsteht und verankert wird, wie es aber zugleich täglich neu bedroht wird: „Das Gespür, das es braucht, um sein Menschsein zu entfalten, bringt jedes Kind bereits auf die Welt mit“, schreibt er. Doch dann folgen vielfach Erfahrungen, die als „neuronale Verschaltungsmuster im Gehirn zur Orientierung bietenden inneren Bildern verankert werden und das Metakonzept der eigenen Identität bilden“. In der Folge orientieren sich Menschen skrupellos an Profitmaximierung und eigenen Machtinteressen oder suchen durch Konsumorientierung oder das Abtauchen in virtuelle Welten Verdrängung und Ablenkung.
Hüther sieht die Ursache darin, dass wir von anderen Personen, dem Bildungswesen und der konsumorientierten Industrie benutzt und zum Objekt von deren Zielen, Erwartungen und Bewertungen gemacht werden. Dies bedrohe die eigene Würde und führe wiederum zu entwürdigendem Verhalten gegenüber der Umwelt.
Mit eindrücklichen und zum Teil auch radikalen Thesen fordert Hüther den Leser heraus und regt zum Nachdenken an über die Würde als innerer Lebenskompass in einer von ökonomischen Kriterien bestimmten Welt.
Sabine Salzmann